Die Welt im April 2021. Covid-Infektionszahlen in Thailand steigen. Europa kämpft mit der dritten Welle. Und sogenannte britische, südafrikanische oder indische Mutationen lassen das Reisen und die vermissten Zielländer gefühlt wieder in weitere Ferne rücken. Vor genau einem Jahr starteten wir Thainess.de in einer Zeit, in der vielleicht vor allem die Sehnsucht über die persönlichen Stimmungstiefs des Augenblicks in der Pandemie hinweg hilft. Eine „My-allai-mai“-Kolumne zum Einjährigen von Thainess.
Wie gern würde man mal wieder etwas anderes lesen und schreiben, hören und sehen als „Corona“. Aber diese weltumspannende Entwicklung lässt uns leider nicht los. Und so sitzen wir – zumindest derzeit in Deutschland – spätestens um 22 Uhr in unserem Zuhause, schauen bei Netflix die sehenswerte Serie „Die Schlange“, die überwiegend in Bangkok spielt oder scrollen durch alte Urlaubsfotos aus dem Land of Smile. Die Expats vor Ort in Thailand sorgen sich derweil um die Frage, ob auch sie in Thailand in den Genuss einer Impfung kommen. Ob sie weiter zu „Sündenböcken“ für lokale Corona-Ausbrüche in thailändischen Provinzen gemacht werden. Und was aus ihrer Farang-orientierten Infrastruktur wird, wenn weiterhin nur wenige tausend Ausländer sich im Land aufhalten dürfen. Manche Liebenden – getrennt durch Kontinente und das Virus – sorgen sich um ein baldiges Wiedersehen. Und einige, die privat oder geschäftlich in Thailand investiert haben, starren auf ihr schmelzendes Geld.
Vor einem Jahr, kurz nach Beginn dieser weltumspannenden Entwicklung, haben wir – Sureerat und Stephan – Thainess.de gestartet. Trotz Corona. Stephan betrieb schon seit einem Jahr einen Blog zu Thailand mit seinen eigenen Fotos und Texten. Sureerat wollte eine Homepage für ihre Surin Thai Massage haben, aber nicht das übliche Einerlei mit seichten Bildern aus Fotostocks von Räucherstäbchen, Lotosblüten und Mandelaugen. Und da uns nun bekanntlich auch privat seit fast 15 Jahren viel verbindet, war die Idee entstanden, Thailand-Blog und Massage-Webseite miteinander zu verbinden.
Inzwischen – etwas mehr als ein Jahr später – hat die gemeinsame Seite, die auch ältere Beiträge aus dem vorherigen Blog von Stephan übernahm, mehr als 100.000 neue Klicks von knapp 65.000 neuen Besucher erhalten. Das ist nicht viel und Thainess.de ist damit immer noch eine kleine Nische am Rande der Datenautobahn, aber wir sind dennoch bis heute überrascht über so viel Aufmerksamkeit.
Im Google-Ranking hat es sowohl die Seite als auch der Beitrag „Happy end? Und es ist wieder passiert“ ganz nach oben geschafft, wenn man nach „Thainess“ oder „Thai massage happy end“ sucht. Daher ist der „Happy-End“-Artikel, der auch in den sogenannten sozialen Medien heftig diskutiert wurde, der mit 20.000 Aufrufen meistgelesene Beitrag. Dicht gefolgt von „Es war einmal in Pattaya“, der rund 12.500mal angeklickt wurde und bei seiner Veröffentlichung vor einem Jahr für den Tag mit den meisten Webseiten-Besuchen gesorgt hat.
Uns als Herausgeberin und Redakteur, die wir beide die Seite neben unseren beruflichen Hauptaufgaben und bisher ohne Werbe-Buttons oder sonstigen direkten Einnahmen aus der Webpräsenz betreiben, sind aber auch die weniger geklickten, weniger reißerisch wirkenden Artikel genauso wichtig, die versuchen, sich wie „In der Grotte: Buddha, Tempel und Dämonen“ oder „Thai-Food: scharfe Sternstunden“ mit Mentalität und Alltagsleben in Thailand beschäftigen.
Etwas schade finden wir übrigens, dass sich die Thai-Community in Deutschland nicht stärker vernetzt. Gerne würden wir mehr über kulturelle, kommerzielle oder private Initiativen von und für Thailänder berichten, wie es früher das leider eingestellte Farang-Magazin machte, dessen Facebook-Präsenz wir von Thainess.de dankenswerterweise – ebenfalls vor einem Jahr – übernehmen durften. Aber leider scheint es zu wenig „common spirit“ in der thai-deutschen Szene zu geben, sondern manchmal sogar lähmende Eifersüchtelei – vor allem in den sozialen Medien, wo insbesondere zwischen und in Facebook-Gruppen gelegentlich kräftig gegeneinander ausgeteilt wird. Auch unsere Beiträge werden in der ein oder anderen Gruppe blockiert, nicht freigegeben oder schnell wieder gelöscht, während Postings mit – beispielsweise – Affiliate-Verlinkungen (in denen der Poster Geld bekommt, wenn eine bestimmte kommerzielle Webseite aufgerufen und dort etwas käuflich erworben wird) nicht nur zugelassen, sondern sogar promotet werden. Da diese unserer Seite hier jedoch keinem kommerziellen Druck unterliegt, sondern ein Liebhaber-Projekt und die Netz-Repräsentanz einer lokalen Thai-Massage im One-Woman-Modus ist, ist das für uns eigentlich nicht so wichtig, wo wir publizieren dürfen und wo nicht. Aber wer gerne einmal auf Thainess.de porträtiert werden möchte oder Themenvorschläge hat, ist herzlich eingeladen, sich zu melden. Genauso, wie wir für konstruktive Kritik jederzeit offen bleiben wollen.
Was für uns als Macher von Thainess.de in unserem ersten Jahr gänzlich überraschend kam, waren die politischen Ereignisse, die Thailand insbesondere im Herbst 2020 erschütterten. Thainess.de war – trotz seines Namens – nie als politische oder Nachrichtenseite geplant, aber verschweigen wollten wir auch nicht, was sich dort ereignete. Und so entstanden unter anderem mit „Schokolade statt Waffen“, „Thailands Zukunft: Kein Sprint, sondern Marathon“, oder „Thailands besonders verlorenem Jahr“ einige und vor allem viel mehr Artikel als geplant, die sich auch mit der politischen Lage in Thailand befassten. Der Protest in Thailand ist zwar inzwischen abgeebbt, aber die dahinter liegenden Konflikte zwischen Tradition und Moderne, Reich und Arm, Provinzen und Metropole sind nicht gelöst. Im Gegensatz zu Myanmar mit Aung San Suu Kyi fehlt es der thailändischen Demokratie-Bewegung jedoch an einer landesweit und langjährig bekannten Symbolfigur aus etabliertem Hause, hat sich das thailändische Militär nicht zu solch dramatischen Gewaltaktionen wie die Junta im Nachbarland hinreißen lassen, sind die ethnischen Konflikte in Thailand kaum von ähnlicher Bedeutung wie dort und ist Thailands Wirtschaft stärker und etablierter als die der langjährigen Kolonie, die einst unter „Burma“ firmierte.
Leider konnten eine ganze Reihe von Foto- und Textideen noch nicht umgesetzt werden: eine längere und tiefgehende Story über das sogenannte „Dritte Geschlecht“ – die Kathoeys – in Thailand, Beiträge über die Region südlich von Pattaya zwischen Ban Amphur und Rayong, ein Artikel zum Thema „Halbwilde Hunde in den Städten und Dörfern“, eine Neuauflage unserer Porträts von Samui und Koh Chang, die wir vom Netz holten, weil wir inzwischen viel zu lange nicht mehr dort waren, einige Fotostrecken mit Menschen aus Thailand, die wir schon seit langer Zeit begleiten und mehr Informationen und Bilder aus dem Isaan, wie etwa in „Isaan-Wanderungen: Bai Nai?“, der Region, aus der auch die Herausgeberin von Thainess stammt. Diese Beiträge wurden alle Opfer des „Travelban“, der erschwerten Einreisebedingungen und der persönlich so empfundenen Gefahren des Reisens in Pandemie-Zeiten.
Unsere Herausgeberin Sureerat: Leben zwischen Thailand und Europa seit 15 Jahren.
Trotzdem haben wir noch einiges in petto für die kommende Zeit: Über die Tradition der Thai-Massage, über Thailands altes und neues Eisenbahn-Netz, den Baht und die Wirtschaft und weitere Themen, die uns in der Vergangenheit bereits über den Weg gelaufen sind. Außerdem wollen wir eine “Bücher-Ecke” eröffnen, in der wir Hinweise und Rezensionen über aktuelle und antiquarische deutschsprachige Publikationen aus und über Thailand veröffentlichen wollen. Dafür werden wir auch wieder stärker unseren derzeit etwas brach liegenden Youtube-Kanal nutzen.
Vor allem aber haben wir viel Freude am Erstellen der Seite, der Beiträge und der Facebook-Präsenz. Am meisten erfreut uns dabei das Feedback unserer Leserinnen und Leser, das wir persönlich, per Mail, per Kommentar, per Like oder per Sharing erhalten.
Vielen, vielen Dank dafür!
Eure
Sureerat & Stephan von Thainess.de
Making of: “Behind the scenes” bei Stephan´s Foto-Shootings in Thailand.
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