Der „Haad Sai Kaew“ ist ein Kleinod im Eastern Seaboard. Denn die Region an der Ostküste des „Gulf of Siam“ hat touristisch zwar viel zu bieten. Von Bang Saen über Pattaya und seine Umgebung bis nach Rayong sind Unterkünfte, Essen und Freizeitmöglichkeiten mannigfaltig. Nur die Strände sind im Verhältnis zu anderen Regionen Thailands überwiegend keine Highlights – vor allem nahe der Stadtlagen und mit Ausnahme einiger vorgelagerter Inseln. Mit Pornthip und Su war ich zu Gast bei der Navy am Sai Kaew Beach, einer der wenigen Strandschönheiten der Region.
Um es gleich vorweg zu sagen: „Sunsetting“ ist für den „Farang“ unmöglich an diesem Strand. Denn der sogenannte „Navy Beach“ trägt seinen Namen nicht zu Unrecht. Er liegt nämlich inmitten eines weitläufigen Areals der thailändischen Marine etwa 30 Kilometer südlich von Pattaya, unmittelbar vor den Toren von Sattahip mit seinem Flughafen U Tapao und ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Strand auf der Rayong vorgelagerten Insel Ko Samet noch etwas weiter südlich. Zwischen Unterkünften von Soldaten und deren Familien, Übungsplätzen, Sportanlagen und sonstigen militärischen Einrichtungen, die Besucher mehr erahnen als erblicken können, schlängelt sich ein kilometerlanger Weg von der Sukhumvit-Hauptstraße südlich des Ortes Bang Sare – bisweilen auch Bang Saray transkribiert – hinüber zu diesem abgelegenen Beach an einem ansonsten einsamen und nur der Armee zugänglichen Küstenabschnitt.
Und genau diesen Weg sollten „Farang“, also nicht-thailändische Urlauber, auch wieder zurück antreten, bevor die Sonne untergegangen ist. Ausländern ist nämlich der Aufenthalt nach Anbruch der Dunkelheit und vor Tagesanbruch in diesem Areal nicht erlaubt. Zwar habe ich immer wieder von Ausnahmen gehört, sogar von Farang, die – in Thai-Begleitung – in einem der Bungalows am oder in der Nähe des Strandes nächtigen durften. Aber das ist mindestens nicht die Regel.
So verwundert es nicht, dass unmittelbar nach dem Abzweig von der Sukhumvit eine Wachstation zu passieren ist, die die Besucher – insbesondere die Nicht-Thais – sowie das Gefährt, mit dem man unterwegs ist, registriert. Und dort muss beim Verlassen des Gebietes auch wieder ausgecheckt werden. Also Baden unter Aufsicht. Wer das und einen kleinen Obulus für den Strandbesuch, der am Besucherzentrum weiter drinnen im Gelände zu entrichten ist, in Kauf nimmt, wird nicht nur eine wunderschöne Anfahrt über die hügelige Piste von der Sukhumvit zum Beach erleben, sondern einen echten „Ariel“-Strand: nicht nur sauber, sondern rein. Das gilt für das Wasser, den Sand und das Treiben an diesem wunderschönen Strand.
Nun muss man jedoch nicht die Vorstellung haben, den Strandtag zwischen patrouillierenden Soldaten oder spektakulären Gefechtsmanövern von Kriegsschiffen zu verbringen. Am Strand selbst herrscht zwar mehr Ordnung als an anderen belebten Stranddestinationen. Die Marine selbst ist aber weder optisch noch tatsächlich unmittelbar präsent. Das Strandvergnügen ist also hinlänglich pazifistisch. Und bisweilen fast idyllisch, besonders am späten Nachmittag.
Die große Ausnahme ist natürlich auch hier das Wochenende. Dann sind die Thai-Kohorten aus den Ballungszentren auch hier mehr als präsent – zwar in Zivil, aber durchaus in Kompaniestärke. Während der Woche verbringen hier zwar ebenfalls nicht wenige Thais ihren freien Tag, oft sind aber die Farang in leichter Überzahl – viele mit slawischem Sprachduktus. Aber so richtig voll habe ich den Strand während der Woche nie erlebt. Dafür liegt er dann doch vielleicht zu abgeschieden oder das Prozedere der Anmeldung schreckt den ein oder anderen ab.
Die durch das Navy-eigene Beachmanagement zentral gesteuerte Strand-Infrastruktur stimmt jedenfalls. Müll ist hier ein Fremdwort, mal abgesehen oder besser wegen der überall ausreichend vorhandenen Mülltonnen. Geduscht werden kann „for free“ – direkt neben den Toilettenanlagen, die hier im Stundenrhythmus gereinigt werden. Dort befindet sich auch die „smoking area“, denn selbstverständlich gilt an diesem „Staatsstrand“ inzwischen nicht nur das generelle Rauchverbot, sondern es wird dort auch tatsächlich ausnahmslos eingehalten. Und natürlich ist die Versorgungslage thai-like: also von allem was der Thai- und auch der Farang-Magen begehrt, ist reichlich vorhanden. Das hält viele Thais jedoch nicht davon ab, in ihren reich gefüllten Picknick-Körben eigenes Essen mitzubringen. Denn das selbst Gekochte oder am präferierten Marktstand im eigenen „Baan“ erworbene Essen schmeckt immer noch am besten. Ist doch klar. Und ist vielleicht noch ein paar Baht billiger als das Angebot der Beachshacks.
Laufende Händler, aufdringliche Jet-Ski-Anbieter oder andere bisweilen als störend empfundene Vertreter des von thailändischen Stadtstränden bekannten „Beachbusiness“ wird man am „Haad Sai Kaew“ nicht begegnen. Es ist quasi wie im wirklichen thailändischen Leben: Dort, wo die uniformierte Macht das Sagen hat, herrscht vordergründig Ordnung. Allerdings will man vielleicht nicht wirklich wissen, wie die Lizenzen an diejenigen vergeben werden, die hier den exklusiven geschäftlichen Zugang zur Strandbevölkerung in den dem Strandbereich nachgelagerten Buden haben. Dem Vernehmen nach soll es sich überwiegend um Navy-Angehörige handeln. Insofern symbolisiert dieser Strand mit seiner Schönheit nicht nur das sprichwörtliche „amazing Thailand“ aus der Tourismuswerbung, sondern steht symbolisch auch für anderes, was typisch für Thailand ist.
Dass die Armee, hier insbesondere die Navy, überhaupt im „Nebenjob“ Strandbetreiber geworden ist, hängt insbesondere mit zwei Gründen zusammen. Zum einen sind die einzelnen Armeebereiche im ganzen Land darum bemüht, den Thais mit attraktiven Freizeitangeboten offensiv das „Soldatenleben“, die Aufgaben der Armee-Einheiten und ihre volle Funktionsfähigkeit nahe zu bringen. Für thailändische Firmen, Schulen und andere Einrichtungen sind daher in Sai Kaew neben dem Strandbesuch weitere Programme buchbar: Waffen- und Übungsvorführungen, Besuche in Navy-eigenen Forschungs- und Überwachungseinrichtungen, Rundfahrten durch andere Bereich des Navy-Areals südlich von Bang Sare. Das Ganze natürlich kostenfrei! Und so kommt es, dass Schulklassen aus Chon Buri oder Rayong fast jährlich einmal hierher kommen und die Navy besuchen – kostenloser Wandertag zur Stärkung des Nationalbewusstseins. Ich kenne mehr als einen oder eine Thai, die das allerdings irgendwann einfach nur noch langweilig fanden, weil es jedes Jahr das Selbe war. Um so sehnsüchtiger warteten diese, während das Pflichtprogramm ablief, auf den Höhepunkt des Tages: den Strand! So macht die Kombination aus Navy-Werbung und Strandbesuch für die Veranstalter Sinn, zumal die Gruppen für kleines Geld auch noch eine oder mehrere Nächte kostengünstig in einigen der, allerdings spartanisch ausgestatteten, Gemeinschafts-Bungalows am Strand oder in der Nähe verbringen dürfen.
Zum zweiten ist die Armee im ganzen Land ein wichtiger Faktor, um Freizeiteinrichtungen und andere Infrastruktur auch für die Nutzung durch Zivilisten vorzuhalten. Es gibt nicht wenige, auch durchaus namhafte Städte, in denen nicht die Kommune für Sportplätze, Schwimmbäder, Kulturveranstaltungen oder Gemeinschaftsaktionen sorgt, sondern ein Armeeteil. Ich selbst habe während meiner Stopps in Samut Prakhan im Süden von Bangkok häufig das Navy-eigene Freibad besucht. Dort gibt es Zeiten für das öffentliches Schwimmen und Kurse für Jugendgruppen und Schulen – ganz so wie wir es aus den kommunalen Bädern in Deutschland kennen.
Die Armee in Thailand ist somit am Sai Kaew Beach und hunderten anderen Orten im Land im gesellschaftlichen Leben viel präsenter als es der deutsche Farang aus seiner Heimat kennt. Auch daraus lässt sich die Bedeutung der Uniformierten für das soziale, politische und wirtschaftliche Leben des „Land of Smile“ ablesen – mit allen Vor- und Nachteilen, die die Thais selbst oder die Besucher aus anderen Ländern je nach persönlicher Haltung oder politischer Auffassung darin sehen wollen.
Aber solch schwere Gedanken dürften sich die wenigsten machen, die hier Erholung, Abwechslung, ein nasses Bad oder eine kühle Brise suchen. „Sanook“ – also diese besondere Form des thailändischen Wohlbefindens – und „Sabai“ – Lebensfreude und Genuss im Augenblick – stehen natürlich im Mittelpunkt des Strand-Tages. Zusammen mit der Familie, den Freunden oder den Arbeitskollegen genießt man ein paar Stunden „Urlaub“, denn mehrere Tage oder gar Wochen am Stück, wie wir es aus Mitteleuropa kennen, hat so gut wie kein Thai jemals frei. Ausnahme: die Zeit um das weltweite und die um das thailändische Neujahr im April. Und selbst da gilt für viele, die etwa im Tourismus oder anverwandten Branchen arbeiten, dass nicht Urlaub angesagt ist, sondern im Gegenteil: Hochsaison!
Also nutzen die Thais die kleinen Auszeiten. An einem Wochenende. An einem freien Tag. Oder auch nur – wie Pornthip – ein paar freie Stunden, bevor es am Abend voraussichtlich wieder ins starkbeschallte Neonlicht Pattayas zurückgeht. Und Su sich wieder um den Familienclan in Chon Buri, im Isaan und sonstwo kümmert.
Bis dahin sind es jedoch noch ein paar Augenblicke. Auch und gerade dann, wenn die Sonne schon in ihren Spätnachmittagsstatus gefallen ist, wird der Augenblick genutzt, bis der Strandtag sein Finale findet. Während der Farang schon zu bedauern beginnt, dass er den Sonnenuntergang an diesem Strand verpassen wird, freuen sich die Thais über weniger intensivere Sonnenstrahlen, aber dafür schöneres Licht für die letzten Selfies, Landschaftsaufnahmen oder Gruppenfotos.
Der Strand war heute zwar mal wieder nie brechend voll, aber dennoch merken diejenigen, die ausharren bis zum letztmöglichen Moment, dass es sich merklich leert und der Sai Kaew Beach, wie insgesamt die ganze, fast unberührt erscheinende Gegend des Navy-Areals, zum Ende des Tages noch einmal eine besondere Schönheit, einen besonderen Flair entwickelt. Die „orangene Stunde“ – wie ich sie hier bezeichnet und beschrieben habe – wirft ihr Licht und ihre Stimmung voraus, auch hier.
Daher ist es nun für den Farang leider Zeit zu gehen: Bis zum nächsten Mal!
Auf Wiedersehen, Pornthip und Su. Hoffentlich bis bald am Sai Kaew Navy Beach.
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Ein Gedanke zu “Navy Beach: Der Schönste im Osten”